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Zitat des Augenblicks | Stand: |
03.02.25 |
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Einladung zum nächsten "Roter Stammtisch" am 20.02. um 19:00 Uhr im Gasthaus Faust |
Unser Landesvorsitzender Andreas Stoch hat sich gestern erleichtert
gezeigt, dass der Deutsche Bundestag mit der Mehrheit der Vernünftigen
ein Gesetz verhindert hat, das nur mit den Stimmen einer rechtsextremen Partei
zustande gekommen wäre.
Außerdem sagt er: "Friedrich Merz steht vor einem Trümmerhaufen. Seine
machtpolitischen Spiele gefährden den Zusammenhalt der Demokraten. Jemandem, dem
nicht einmal die Abgeordneten der eignen Fraktion folgen, darf die Verantwortung
für unser Land nicht überlassen werden. Die großen Herausforderungen, vor denen
wir stehen, erfordern eine verlässliche Zusammenarbeit aller Parteien der
demokratischen Mitte. Wir müssen gemeinsam Lösungen finden für die Sicherung
der Arbeitsplätze, ein bezahlbares Leben für alle und eine zukunftsfähige
Migrations- und Einwanderungspolitik. Dafür stehen Olaf Scholz und die SPD.“
Kommentar von Prof. Dr. Heribert Prantl dazu aus der Süddeutschen Zeitung
Sehr geehrte Damen und Herren, so einen wie Merz gab es noch nie. Noch kein Kanzlerkandidat in der Geschichte der Bundesrepublik hat sich so benommen wie der Sauerländer. Noch keiner hat schon im Wahlkampf zu den ganz außerordentlichen künftigen Mitteln, zur Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers gegriffen; noch keiner hat schon als Kandidat protzerisch angekündigt, was er mit ihr anordnen wird: Gleich am ersten Tag seiner Kanzlerschaft will Merz per Richtlinienkompetenz umfassende Grenzkontrollen befehlen. Merz geriert sich als Wahlkämpfer fast so überheblich, wie es der neue US-Präsident vor seinem Amtsantritt getan hat. Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte bezeichnet ihn daher als den „sauerländischen Trump“.
Seine eigenen Grandiositätsvorstellungen sind Merz wichtiger als die Sensibilitäten für die parlamentarische Demokratie. Es zeigt sich schon im Wahlkampf, dass Merz keine Regierungserfahrung hat. Er benimmt sich drei Wochen vor der Wahl so, als sei so etwas wie eine Koalitionsbildung nicht nötig, als brauche er keine Regierungspartner. Er geht nicht auf seine künftigen eventuellen Partner zu, sondern lässt sich von der AfD akklamieren – ohne sich dafür zu genieren. Er bricht mit all seinen Versprechungen, Gemeinsamkeit und Miteinander mit der AfD zu vermeiden. Er stößt die demokratischen Partner, die er im Fall seines Wahlsiegs zur Koalitionsbildung brauchen wird, auf diese Weise vor den Kopf.
Friedrich Merz ist vor drei Jahren Vorsitzender der CDU erst im dritten Anlauf geworden. Erst zog die Partei, es war 2018, Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze vor. Dann wählte die CDU 2021, Armin Laschet. Dann erst kam, es war 2022, Friedrich Merz. Er war, ganz im Wortsinn, dritte Wahl. Nicht nur das hat Spuren hinterlassen. Dazu kommt, dass Angela Merkel ihn einst zu seiner Zeit als kurzzeitigen Fraktionschef im Bundestag abgesägt und abgelöst hat. Merz hat dann für eine lange Reihe von Jahren sein Feld außerhalb der Politik suchen müssen. Gregor Gysi, der viel Erfahrung mit dem Auf und Nieder in der Politik hat, vermutet, dass sich Merz von Merkel gedemütigt fühlt – und dass diese Demütigungen sein politisches Handeln bestimmen. Souverän ist das nicht.
Der alte Merz, der neue Merz
Merz hat die Zustimmung der AfD nicht unbedingt gesucht, aber gefunden - und das billigend in Kauf genommen oder sich jedenfalls damit abgefunden. Es sei ihm „völlig gleichgültig“, wer seiner Anti-Flüchtlingsinitiative zustimmt; richtige Ideen würden nicht dadurch falsch, dass die „Falschen“ sie unterstützten. „Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus.“ Das ist ein Wahlspruch, den er vom einstigen Kolonialoffizier Friedrich Hans Dominik abgekupfert hat: „Nicht rechts geschaut, nicht links geschaut, geradeaus, auf Gott vertrau und durch!“ Für die Zukunft der Politik im Bundestag ist so ein Motto fatal – und es widerspricht allen früheren Ankündigungen von Merz.
Noch am 13. November 2024 hatte er im Bundestag erklärt, „dass weder bei der Bestimmung der Tagesordnung noch bei den Abstimmungen in der Sache hier im Haus auch nur ein einziges Mal eine zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit denen da von der AfD zustande“ kommen solle und dürfe. Beim Anti-Flüchtlingsantrag von Merz in der vergangenen Woche kam nun erstmals eine parlamentarische Mehrheit durch die Unterstützung der AfD zustande. Das sieht aus wie eine erste Station auf dem Weg zu einer Zusammenarbeit – und das widerspricht allen Ansagen von Merz.
Friedrich Merz macht da weiter, wo er im Jahr 2000 als damaliger Unions-Fraktionschef begonnen hat; er macht auch so weiter, wie er damals aufgehört hat. Angefangen hat er damals mit der Forderung, das Asylgrundrecht abzuschaffen; er wollte es ablösen durch eine „institutionelle Garantie“. Und aufgehört hat er damals mit den Reden von den Tabus, die es nicht geben dürfe, und von der „deutschen Leitkultur“, die Migranten in Deutschland zu beachten hätten. Wenn man die heutigen Äußerungen von Friedrich Merz zum Migrationsrecht analysiert, sollte man ein Interview lesen, das er seinerzeit, im März 2000, in seiner ersten Zeit als Unions-Fraktionschef gegeben hat. Er forderte damals dazu auf, sich in der Debatte ums Asylrecht von den Erfahrungen des Nationalsozialismus zu lösen: „Unsere Generation will sich nicht mehr derart in Haftung für unsere Vergangenheit nehmen lassen.“ So stand es damals in der Hamburger Zeitschrift Die Woche. Auch da werden ihm heute die AfDler zustimmen.
Die Lehren der vergangenen Jahrzehnte lauten: Anti-Ausländer- und Anti-Flüchtlings-Wahlkämpfe rechnen sich nicht für die demokratischen Parteien, die sie anzetteln. Es gibt da nur eine Ausnahme: Die Landtagswahlen in Hessen im Februar 1999, die von der CDU des Roland Koch mit der Agitation gegen die Doppelstaatsbürgerschaft gewonnen wurde. Darauf mag sich Merz damals wie heute beziehen. Es besteht da aber für ihn die Gefahr, dass er verkocht. Womöglich beginnt dieser Prozess schon am 23. Februar.